Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Weißes Gold aus der Wüste?

von | 30. November 2023

Vor zehn Jahren hat Brüssel nach langwierigen Verhandlungen den EU-Markt für Kamelmilchprodukte geöffnet. Der Exporteur The Emirates Industry for Camel Milk & Products (EICMP) sah großes Potenzial auf dem europäischen Markt, etwa für Vorzugsmilch, Rohmilch, Milch- und Molkepulver, aber auch für Eiscreme und Schokolade.

Zum großen Durchbruch hat es in Deutschland zwar nicht gereicht, dennoch ist Kamelmilch äußerst nahrhaft, enthält fünfmal so viel Vitamin C, kaum Zucker und ist nur halb so fett wie Kuhmilch. Zudem fehlen ihr auch die Eiweiße Beta-Laktoglubolin und Beta-Kasein, die eine Milcheiweißallergie auslösen können. Auch für Menschen mit einer Laktoseintoleranz soll sie besser verdaulich sein.

Auf der anderen Seite der Erdkugel will der Kamelmilchpionier Good Earth Dairy aus Westaustralien in neue Produktionsanlagen investieren und größer in das internationale Geschäft einsteigen. Das 2016 gegründete Unternehmen gewinnt derzeit seine Milch von rund 160 Tieren, die aus der weltweit größten Population wild lebender Kamele im australischen Outback stammen, die sich nach der Einfuhr der ersten Tiere vor 180 Jahren entwickelt hat. Um die wachsende Nachfrage der bisher in Westaustralien vertriebenen Produkte zu befriedigen, sollen die Kapazitäten aufgestockt werden. Nach Unternehmensangaben ist die Fertigstellung einer neuen Anlage bis 2026 geplant, wodurch die Produktionskapazität von Good Earth Dairy auf jährlich 21,9 Mio. l steigen soll. Damit soll auch der Export auf internationale Märkte begonnen und der Einstieg in den Markt für Kamelmilchpulver und Säuglingsnahrung ermöglicht werden.

Allerdings: Kamele, man kann es sich vorstellen, geben wesentlich weniger Milch als normale Kühe. Auf professionellen Kamelmilch-Farmen kommen pro Tier nur sieben bis 15 l Milch zusammen, auch der Melkvorgang an sich ist komplizierter.

So erklären sich auch für die manchmal als »Superfood« gepriesene Kamelmilch relativ hohen Verkaufspreise: In Australien wird der Liter zwischen 7,87 € und 12,11 € an die Verbraucher verkauft. 100 % reines Kamelmilchpulver, ohne künstliche Zusätze, aus den Emiraten gibt es hierzulande bei Amazon in 24 Sachets à 20 g für den täglichen Trinkgenuss für 108,70 € – zzgl Versand.

Zwar suchen immer mehr Verbraucher/innnen nach Kuhmilchalternativen, und Kamelmilch könnte laut manchen Medien eine solche sein. Aufgrund der genannten Verkaufspreise wage ich dies jedoch zu bezweifeln – zumindest für die breite Masse, deren Preissensibilität bekannt sein dürfte.

Alexander Ströhlein
Chefredakteur Deutsche Molkerei Zeitung

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