Einzelhandel im Wandel der Zeit
Die Lebensmittelbranche hat es dieser Tage nicht leicht. Nach den herausfordernden Monaten der Corona-Pandemie, folgen nun der Krieg in der Ukraine sowie die steigende Inflation und damit eine explosionsartige Preissteigerung bei fast allen Herstellungskosten. Weil Produzenten und Händler diese Kosten nicht mehr alleine tragen können und diese weitergeben müssen, steigen logischerweise ebenfalls die Preise für Lebensmittel im Supermarkt. Und weil auch für Verbraucher die Lebenshaltungskosten immer noch teurer werden, fragen sich viele, wie und wo sie ihr Geld ausgeben. Wenn das Geld knapp wird, sparen viele Deutsche bekanntermaßen zuerst beim Lebensmitteleinkauf.
Die Frage: „Was kaufe ich wann und zu welchem Preis?“ bestimmt dann wesentlich das Kaufverhalten. Unternehmer sollten und müssen darauf reagieren. Bei den DLG-Unternehmertagen Mitte September war das Thema deshalb „LEH im Wandel der Zeit“.
Die Reaktionen des Handels seien dabei unterschiedlich, erklärte Christian Kowalski von der TEGUT-Unternehmergruppe. Die einen agieren preisgetrieben, wie Aldi, die z.B. die Preissenkungen ankündigen, oder wie Tönnies, die bereits Tierwohlverträge gekündigt haben. Andere reagieren qualitätsorientiert, indem sie mehr auf Qualität und Bio achten und bspw. eigene Fleischprogramme ins Leben rufen, wie TEGUT. Dort agiert man mit dem Hintergedanken, dass Landwirte trotz Krise Planungssicherheit bei Investitionen brauchen.
Bei TEGUT sieht man die Krise als Chance für Bio, höhere Preise und mehr Tierwohl. Mit der Marke „Landprimus“ soll dies gelingen. Lebensmittel aus der Landprimussparte sind angesiedelt zwischen konventionell und Bio. Denn trotz Pandemie und anderer Krisen wächst Bio bis 2021 stetig. Das hat laut Kowalski u.a. damit zu tun, dass Fleisch langsam von der „Muss“-Kategorie zunehmend in die Kategorie „Genuss“ wandert. Gilt für eine Muss-Kategorie, dass sie in der Hauptsache günstig und preiswert sein sollte, ist der Verbraucher bei Lebensmitteln der Genuss-Kategorie eher bereit, den Verzehr zu reduzieren, dafür aber mehr Geld auszugeben.
Bietet die Krise also den von vielen heiß ersehnten Anstoß zum Umbau in der Tierhaltung, der sich sowohl für Landwirte, Tiere als auch Verbraucher lohnt? Zumindest könnte darin die Chance liegen, dass es zum Umdenken der Verbraucher kommt. Dass man künftig wieder auf den altbekannten Sonntagsbraten setzt und diesen dann bewusst genießt – zeitgleich aber auch mehr Wert auf dessen Qualität und die Haltung legt und endlich gewillt ist, dies an der Kasse auch zu honorieren. Ein Gewinn für sämtliche Akteure der Wertschöpfungskette wäre es allemal.
Stefanie Nusser
Redaktion