Laufen wir bald auf Grund?
Angesichts der Pegelstände an Rhein und anderen Flüssen, ist die Frage sicherlich berechtigt. Wir alle verfolgen die Nachrichten, die in diesen Tagen immer wieder die Einschränkungen in der Binnenschifffahrt thematisieren. So gesehen kommt dem interessierten Leser dann vielleicht auch der Gedanke an jene Argumente, die im Zusammenhang mit der Ursache für den Klimawandel stehen und schließlich auch mit unserer Ernährung und möglichen Alternativen für Milch. Vor allem die jüngeren Verbraucher drängen auf eine Veränderung unserer Verzehrgewohnheiten und nennen hierfür schwergewichtige Argumente: Tierwohl, gesündere Ernährung und Klimawandel.
Aber der Reihe nach zum besseren Verständnis unseres Titels:
Anlässlich der 2. Internationalen Konferenz zur Bedeutung der pflanzlichen Alternativen für die Milchwirtschaft im Juni 2022, hatte der Autor dieser Zeilen in seinem Vortrag nach einem verständlichen und naheliegenden Argument gesucht, um zu verdeutlichen, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ und „Klimawandel“ uns direkt betrifft und wir auch unmittelbar davon betroffen sind – nicht fernab in anderen Kontinenten. Der Rhein – auch als „Lebensader“ vor allem der deutschen Industrie bezeichnet – ist hierfür hervorragend geeignet. Denn wer z.B. in Ludwigshafen, Leverkusen oder Duisburg die Rheinpromenade genießen möchte, wird schnell erkennen müssen, dass dort am Rheinufer die Industrie weiträumig angesiedelt ist und eine Vielzahl von Unternehmen nur dank der Versorgung durch Frachtschiffe produzieren kann. Die Dimensionen der Produktströme sind derart groß, dass Straßen oder Schienen das Volumen unmöglich aufnehmen könnten. Aber was ist, wenn der Klimawandel nun doch direkt vor unserer Haustüre stattfindet? Was ist, wenn Kraftwerke ihre Leistung drosseln müssen, weil nicht genügend Kühlwasser zur Verfügung steht? Was ist, wenn die Schwerindustrie und Chemische Industrie am Rhein nicht mit ausreichend Rohstoffen versorgt werden können? Und auch die Kohle gerade in diesen Tagen nicht in der erforderlichen Menge transportiert wird, weil die Frachtschiffe nur noch bis zu einem Drittel der Ladung aufnehmen können … um nicht auf Grund zu laufen!
Dann werden wir schnell am eigenen Leibe erfahren, dass der von uns selbst verursachte Klimawandel und der sorglose Umgang mit Ressourcen uns sehr wohl direkt betreffen kann. Und wir werden hoffentlich besser erkennen, dass einige Entwicklungen noch nicht wirklich Fahrt aufgenommen haben und diese dafür sorgen werden, dass in den kommenden Jahren mit weiteren Einschränkungen zu rechnen ist. Das sind dann die Argumente, die wir vor allem von Verbrauchern – aber auch vom Handel hören, wenn es darum geht, der Nachhaltigkeit im Umgang mit der Natur und ebenso in der Ernährung mehr Gewicht zu verleihen. Damit müssen wir nicht alle Veganer werden. Der Markt hat ohnehin den Blick längst auf die Flexitarier ausgerichtet, die für das tatsächliche Wachstum im Markt für Milch-Alternativen sorgen. Schließlich sind es auch die Molkereien selbst, die das Potenzial pflanzenbasierter Produkte entdecken, um mit Kompetenz und Elan sogar bessere Erträge zu erwirtschaften.
Das, was mit Blick auf die Zukunft im Juni 2022 in einem Vortrag gesagt wurde, ist wenige Wochen später bereits Realität. Und was sagen die Experten zu den Pegelständen am Rhein? Diese werden erst gewöhnlich im September das Minimum erreichen und voraussichtlich die Schifffahrt zum Erliegen bringen. Also Grund genug uns über unser Verhalten Sorgen zu machen und nach Wegen zu suchen, um nicht wirklich auf Grund zu laufen.
Georg Herbertz
Herbertz Dairy Food Service