Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Handel und Hersteller nicht für Lebensmittelteuerung verantwortlich

15. November 2022

Wirtschaftsbehörde legt Analyse über Grundlagen der Preisentwicklung vor – Bruttomargen bei verschiedenen Gliedern der Lebensmittelkette untersucht – Inflation bei Lebensmittel vor allem auf Verteuerung der Agrarrohstoffe zurückzuführen – EBITDA der Lebensmittelhersteller spürbar geschrumpft

Zumindest in Frankreich trägt der Anstieg der Lebensmittelpreise offenbar nicht zu zusätzlichen Gewinnen der Nahrungsmittelhersteller und Einzelhandelsunternehmen bei. Das legt eine Analyse nahe, bei der die Generalinspektion für Finanzen (IGF) die Grundlagen der Preisentwicklung in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres mit dem ersten Halbjahr 2019 verglichen hat. Laut der beim Pariser Wirtschaftsministerium angesiedelten Behörde ist die Inflation vor allem auf die Verteuerung der Agrarrohstoffe zurückzuführen. Im Rahmen ihrer Untersuchung hat die IGF zwölf verschiedene Lebensmittel des täglichen Bedarfs unter die Lupe genommen und bei verschiedenen Gliedern der Wertschöpfungskette die Entwicklung der Bruttomargen analysiert. Demnach hat das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) auf Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe im Schnitt um 12 % zugelegt. Zurückgeführt wird das primär auf die im Mittel um fast 21 % angestiegenen Erzeugerpreise, denen überwiegend höhere Betriebsmittelkosten, aber auch höhere Einkommen der Landwirte zugrunde liegen sollen. Bei den Lebensmittelherstellern ist das EBITDA laut IGF derweil um durchschnittlich 16 % gesunken. Ursache sind der Analyse zufolge die gestiegenen Inputpreise, die nicht durch das Plus bei den Verkaufserlösen ausgeglichen werden. Nach Einschätzung der Autoren haben die Einbußen der Hersteller den Anstieg der Verbraucherpreise um 1,3 Prozentpunkte ausgebremst. Bei den Einzelhandelsunternehmen hat sich das EBITDA gemäß der Analyse um 1 % verringert, was allerdings vor allem auf Lohnerhöhungen zurückgeführt wird.

Mehr Gewinn mit Camembert

Für ihre Analyse hat die IGF unter anderem gekochten Schinken, Rinderhack, Hähnchenschnitzel, teilentrahmte Milch, Kalbfleisch, Butter, Emmentaler, Camembert, Baguette und Nudeln unter die Lupe genommen. Bei acht Produkten ist der Anstieg der Rohstoffpreise der Auswertung zufolge erheblich höher als der Anstieg der Verbraucherpreise ausgefallen; somit haben die Hersteller und die Händler hier ihre Margen zumindest relativ verringert. Insgesamt haben die Einzelhändler bei sechs Produkten ihren Gewinnanteil reduziert und bei vier Produkten erhöht; nennenswert fielen die Zugewinne jedoch nur bei Camembert mit 6,1 % und bei Naturjoghurt mit 4,2 % aus.

Keine Erleichterung in Sicht

Der Anstieg der Lebensmittelpreise sorgt derweil in Frankreich weiter für Diskussionen. Landwirtschaftsminister Marc Fesneau versuchte in der vergangenen Woche, Befürchtungen hinsichtlich eines sprunghaften Anstiegs nach dem Jahreswechsel zu zerstreuen. Die Regierung werde sich weiterhin bemühen, die Inflation zu begrenzen, so der Minister. Es gebe bislang keinen Anlass zur Sorge. Zuvor hatte der Generaldirektor der Einzelhandelskette E. Leclerc, Michel-Edouard Leclerc, mit Blick auf die Lieferverhandlungen der Agrar- und Ernährungswirtschaft mit dem Einzelhandel beim Fernsehsender BFMTV vor einem „Tsunami“ gewarnt. Nach Angaben des Unternehmenschefs, der mit seinen Äußerungen immer wieder für Kontroversen sorgt, fordern sämtliche Lieferanten Preiserhöhungen im prozentual zweistelligen Bereich. Die Teuerung werde somit nicht vorübergehend sein, so Leclerc. Nach vorläufigen Angaben des staatlichen Statistikamtes (INSEE) lagen die Lebensmittelpreise in Frankreich im Oktober um durchschnittlich 11,8 % über dem Vorjahresmonat. In Deutschland betrug das Plus indes 20,3 %. AgE

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