Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Milcherzeuger unterstützen Machtzuwachs für das Bundeskartellamt

20. April 2023

Regierungspläne zur Reform des Wettbewerbsrechts stoßen beim BDM auf Zustimmung – Befugnisse der Behörde sollen gestärkt werden – Hansen hofft auf Beseitigung von festgestellten Missständen am Milchmarkt – Niedriger Verbraucherpreis darf nicht alleiniges Kriterium für einen funktionierenden Markt sein – Freie Bauern beklagen Monopolstellung des Lebensmitteleinzelhandels

Die vom Bundeskabinett vor Ostern auf den Weg gebrachte Novelle des Wettbewerbsrechts mit erweiterten Befugnissen für das Bundeskartellamt ist vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) begrüßt worden. Wie der Verband am vergangenen Mittwoch (12.4.) mitteilte, sollen die Bonner Kartellwächter zukünftig Missstände des Wettbewerbs, die sie im Rahmen einer Sektoruntersuchung festgestellt haben, mit geeigneten Maßnahmen auch abstellen können. So ließe sich wettbewerbsfeindlichen Machtverhältnissen innerhalb der Wertschöpfungskette schneller entgegensteuern, hofft die Milcherzeugerorganisation. „Wir selbst können ein Lied davon singen, wie wenig die Politik bereit ist, effektiv gegen bereits bestehende Marktungleichgewichte vorzugehen“, erklärte der neue BDM-Vorsitzende Karsten Hansen. Er verwies auf die Sektoruntersuchung Milch des Bundeskartellamts von 2012, bei der festgestellt worden sei, dass die Preisfindung für die Milcherzeuger in einem nicht funktionsfähigen Wettbewerbs- und Marktumfeld erfolge. Dies liege daran, dass am Milchmarkt ein eklatantes Marktgefälle zu Ungunsten der Milchviehbetriebe bestehe. In einem Sachstandspapier zum Verwaltungsverfahren der Milchlieferbedingungen sei dies 2017 noch einmal bestätigt worden. Handlungsnotwendigkeiten hätten daraus bisher allenfalls die oppositionellen Parteien ableiten wollen, nie die Regierung, monierte Hansen. „Es ist für uns daher folgerichtig, dass das Bundeskartellamt, das als Behörde nicht um die Wählergunst buhlen muss, nicht länger nur Bußgelder verhängen darf, sondern mehr Befugnisse erhält, wettbewerbsrechtliche Missstände abzustellen“, so der BDM-Vorsitzende. Ihm zufolge sollen mit der Gesetzesnovelle Marktzugänge erleichtert und Konzentrationsprozesse gestoppt werden. Im Extremfall soll sogar die Möglichkeit bestehen, Unternehmen zu entflechten.

Landwirte den Verbrauchern gleichstellen

Die geplante Reform sei aber „kein Selbstläufer“, warnte Hansen. Noch immer stehe im Vordergrund, ob eine Marktstörung zu Lasten des Verbrauchers gehe. Vernachlässigt werde, dass niedrige Preise für die Verbraucher einseitig und voll zu Lasten der Wirtschaftlichkeit auf den landwirtschaftlichen Betrieben gingen. Hansen: „Wir plädieren dafür, dass weniger der Endpreis für den Verbraucher als vielmehr die gleichmäßige Verteilung des Wettbewerbs- und Preisrisikos entlang der Wertschöpfungskette ein entscheidendes Kriterium für einen funktionierenden Markt darstellen sollte.“

Entflechtung der Monopole nötig

Der Verband der Freien Bauern begrüßte ebenfalls die Kartellrechtsreform und sprach von „einem wichtigen Schritt in die richtige Richtung“. Den Anstoß für die Überlegungen habe zwar die Entwicklung am Mineralölmarkt gegeben, die Landwirtschaft sei aber ebenfalls durch monopolartige Strukturen in den vor- und nachgelagerten Bereichen von massiven Marktstörungen betroffen, erklärte Christian Linne von der Bundesvertretung der Freien Bauern. „An erster Stelle gilt das für den Lebensmitteleinzelhandel, wo vier Konzerne mehr als 75 % des Umsatzes unter sich ausmachen und Riesengewinne zu Lasten der Bauern und Verbraucher einfahren“, beklagte Linne. Die Entflechtung der Monopole sei eine zutiefst liberale Forderung im Interesse einer funktionierenden Marktwirtschaft. Fehlenden Wettbewerb gebe es aber auch beim Landhandel, den Schlachtunternehmen und den Molkereien. AgE

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