Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Landwirte sollen Klimaschutzabgabe zahlen

19. Oktober 2022

Als erstes Land weltweit will Neuseeland seine Landwirte für Treibhausgasemissionen zur Kasse bitten – Regierung stellt ihre Vorschläge zur Diskussion – Ab 2025 sollen auf Betriebsebene Emissionen festgestellt und bepreist werden – Einnahmen sollen für Klimamaßnahmen in der Landwirtschaft zur Verfügung stehen – Ardern will heimischen Agrarsektor zum globalen Spitzenreiter beim Klimaschutz machen – Landwirtschaft sieht Plan sehr kritisch

Die Landwirte und insbesondere die Viehhalter in Neuseeland sollen ab 2025 zur Einhaltung von Klimaschutzzielen beitragen und für die Freisetzung von Treibhausgasen zur Kasse gebeten werden. Nach jahrelangen Diskussionen und Vorschlägen verschiedener Kommissionen hat die Regierung das Anhörungsverfahren gestartet, um Anfang 2023 politisch entscheiden zu können. Klar sind laut Premierministerin Jacinda Ardern die Ziele: Langlebige Klimagase wie CO2 oder Lachgas sollen bis 2050 auf Nettonull gebracht werden. Der Ausstoß von Methan soll – bezogen auf das Basisjahr 2017 – bis 2030 um 10 % und bis 2050 zwischen 24 % und 47 % sinken. Um dahin zu kommen, orientiert sich die Regierung eng an den Vorschlägen einer „Partnerarbeitsgruppe“ (He Waka Eke Noa), in die auch die Landwirtschaft eingebunden war. So soll die Landwirtschaft nicht in den bereits existierenden Emissionshandel eingebunden werden, sondern ein eigenes System erhalten, in dem die Emissionen auf betrieblicher Basis ermittelt und bepreist werden. Ausgenommen von der Methanabgabe sind Kleinerzeuger und Schweinehalter. Für langlebige Treibhausgase wird es höhere Abgaben geben als für Methan. Die Einnahmen sollen dann für Klimaschutzmaßnahmen der Landwirtschaft zur Verfügung stehen, wie die Sequestrierung oder klimaschonendere Produktionsmethoden. Konkrete Angaben über die Höhe der Abgabe wurden noch nicht gemacht. Diese soll nach Konsultationen mit Beteiligten von einer „Klimawandelkommission“ getroffen werden. „Der Vorschlag zielt darauf ab, den neuseeländischen Landwirten die Kontrolle über ihre Produktion zu geben und Kosten zu senken, wenn mit den Einnahmen aus dem System ihre Maßnahmen zur Emissionssenkung finanziert werden“, erklärte Adern. Dies werde dazu führen, dass die neuseeländischen Landwirte beim Klimaschutz weltweit führend werden, wodurch sie Wettbewerbsvorteile bei Exporten hätten und einen Preisaufschlag für klimafreundliche Produkten erhalten könnten.

Bäume statt Farmer

Von der Landwirtschaft und Branchenverbänden wurde der nun zur Konsultation freigegebene Regierungsvorschlag verhalten bis ablehnend aufgenommen. Kritikpunkte waren vor allem Abweichungen von bisherigen Plan der Partnergruppe, die Landwirtschaft eng in die Preisfindung für die Klimaabgabe einzubinden, sowie die Ausgestaltung der Sequestrierung. „Der Regierungsplan zur Verringerung der Treibhausgasemissionen wird den neuseeländischen Kleinstädten den Garaus machen und Bäume an die Stelle von Farmen setzen“, fürchtet Neuseelands Bauernverband (FF). Der Plan sehe letztlich vor, die Schaf- und Rinderzucht in Neuseeland um 20 % und die Milchwirtschaft um 5 % zu reduzieren, um die „unwissenschaftlichen, aus dem Hut gezauberten“ nationalen Treibhausgasziele zu erreichen, kritisierte der Verband. Dies sei nicht das, was in der Partnergruppe besprochen worden sei. „Unser Plan war es, die Bauern in der Landwirtschaft zu halten. Jetzt werden sie das Land schnell verkaufen“, warnte Bauernpräsident Andrew Hoggard. „Irgendwelche Erwerber aus Übersee“ könnten dann darauf Bäume pflanzen und über den Zertifikatenhandel das Geld für Verringerung von Emissionen einstecken. Geschäfte, Dienstleister sowie die vor- und nachgelagerten Stufen auf dem Land würden dadurch schließen müssen. Studien zeigten zudem, dass die weltweiten landwirtschaftlichen Emissionen durch diesen Plan aufgrund von Leakage-Effekten nicht sinken, sondern steigen würden, monierte Hoggard.

Problem Sequestrierung

Der neuseeländischen Milcherzeugerverband (DairyNZ) bemängelte, dass im Regierungsplan die Anerkennung und Belohnung der Landwirte für die Sequestrierung bei Schutzgürteln, Waldstücken und verstreuten Bäumen gestrichen worden sei. Auch sei die Möglichkeit für Landwirte weggefallen, sich zu Kollektiven zusammenzuschließen, um ihre Emissionen gemeinsam zu melden, zu verringern oder auszugleichen. „Dies sind wesentliche Änderungen, die für die meisten Landwirte wirklich besorgniserregend sind, und wir werden sie in den kommenden Wochen direkt bei der Regierung ansprechen“, erklärte der Verbandsvorsitzende Jim van der Poel. Der neuseeländische Branchenverband Beef and Lamb New Zealand zeigte sich ebenfalls besorgt über die von der Regierung angestrebten Änderungen bei der Sequestrierung. „Die neuseeländischen Schaf- und Rinderzüchter verfügen über mehr als 1,4 Mio ha einheimischer Wälder auf ihrem Land, der Kohlenstoff bindet, und dies muss in jedem Rahmenwerk von Anfang an angemessen anerkannt werden“, forderte der Vorsitzende Andrew Morrison. AgE

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