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Geografische Angaben: EU-Agrarpolitiker wollen Antragsverfahren verkürzen

von | 26. April 2023

Frist für Eintragung soll statt bislang sechs künftig nur noch fünf Monate dauern – EU-Kommission soll geografische Angaben auch weiterhin verwalten – Übertragung an EUIPO wird abgelehnt – Missbrauch von Bezeichnungen im Internet sind zu unterbinden – Erzeugergemeinschaften sollen Mindestbedingungen festlegen dürfen

Der Landwirtschaftsausschuss des Europaparlaments drängt bei den Antragsverfahren auf Schutz geografischer Angaben (g.A.) für landwirtschaftliche Erzeugnisse auf schnellere Entscheidungen. Dementsprechend fordern die EU-Agrarpolitiker in ihrem am vergangenen Donnerstag (20.4.) einstimmig beschlossenen Berichtsentwurf, die Frist für die Eintragung einer neuen g.A. durch die EU-Kommission von sechs auf fünf Monate zu verkürzen. Auch soll diese Zeitspanne künftig nur noch um maximal drei Monate verlängert werden können, wobei dies nur in hinreichend begründeten Ausnahmefällen geschehen darf. Die Änderungswünsche beziehen sich auf das Verhandlungsmandat des Europaparlaments zum Kommissionsvorschlag über EU-Vorschriften für die Eintragung und den Schutz geografischer Angaben. Die Vorlage wird nun dem Plenum des Parlaments zur Abstimmung vorgelegt. Als mögliche Termine werden der 31. Mai oder 1. Juni genannt. Sobald dann auch der Rat seine Verhandlungsposition beschlossen hat, kann der Trilog beginnen. Des Weiteren sollen nach dem Willen des Landwirtschaftsausschusses die nationalen Behörden die meisten Anträge auf Änderungen bestehender g.A.-Eintragungen ohne erneute Prüfung durch die Kommission bearbeiten dürfen. Ziel müsse es sein, die Änderungsverfahren zu beschleunigen. Nachdrücklich fordern die Agrarpolitiker, dass die EU-Kommission mit „ihrem einzigartigen landwirtschaftlichen Fachwissen“ das System der geografischen Angaben auch in Zukunft verwaltet. Dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) diese Aufgabe zu übertragen, wie es der Kommissionsvorschlag vorsieht, lehnt der Ausschuss strikt ab.

Handlungsbedarf im Internet

Erheblichen Handlungsbedarf sehen die EU-Agrarpolitiker mit Blick auf die Nutzung geografischer Angaben im Internet. Zum Schutz sollten alle Internet-Domains, die den Namen einer g.A. missbrauchen, automatisch geschlossen werden. Darüber hinaus soll es dann künftig möglich sein, einer Erzeugergemeinschaft, die die Bezeichnung legal verwendet, die zwecks Täuschung der Verbraucher genutzte Domain zuzuweisen. Ferner soll das EUIPO ein Warnsystem einrichten, mit dem die Registrierung von Domänennamen überwacht wird. Solange eine Erzeugergemeinschaft die Verwendung des Namens einer bestimmten g.A. als Zutat nicht gestattet, sollte laut den EU-Agrarpolitikern auch deren Verwendung im Internet untersagt bleiben.

Mehr Verantwortung für Erzeugergemeinschaften

Schließlich wollen die Abgeordneten, dass anerkannte Erzeugergemeinschaften – die von den EU-Ländern benannt werden und als alleinige Vertreter für bestimmte g.A. fungieren – mehr Verantwortung erhalten. Dies soll zum Beispiel die Festlegung von Mindestbedingungen für die Verwendung einer geschützten Bezeichnung betreffen. Die den geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) und geschützten Ursprungsangaben (g.U.) zugrundeliegende EU-Verordnung trat 1992 in Kraft und wurde 2006 und 2012 aktualisiert beziehungsweise erweitert. Zudem werden mit der Regelung garantiert traditionelle Spezialitäten (g.t.S.) sowie die Namen von Spirituosen durch g.A. geschützt. Die betreffenden Lebensmittel sowie Weine und Spirituosen sind so rechtlich vor einem Missbrauch des Namens oder Nachahmung geschützt. Dies gilt auch dann, wenn der richtige Herkunftsort angegeben, die Benennung in übersetzter Form erfolgt oder der Name von Zusätzen wie beispielsweise „nach Art/Typ von“ begleitet ist.

Synonym für Exzellenz und Qualität

Der Berichterstatter Prof. Paolo De Castro unterstrich die Bedeutung geografischer Angaben. Laut dem ehemaligen italienischen Landwirtschaftsminister bringen es die betreffenden Produkte auf einem Jahresumsatz von fast 80 Mrd Euro ein. Dies zeige, dass es hier um erheblich mehr als nur um ein kulturelles Thema gehe. Der Sozialdemokrat zeigte sich überzeugt, dass mit der neuen Verordnung der Schutz, die Förderung und die Nachhaltigkeit der geografischen Angaben verbessert werden. Weltweit seien diese als ein Synonym für Exzellenz und Qualität anerkannt. Die CDU-Europaabgeordnete Christine Schneider bezeichnete die geplante Vereinfachung des Eintragungsverfahren als wichtigen Fortschritt. Die Versammlung der europäischen Weinbauregionen (AREV) begrüßte ebenfalls das Votum des Landwirtschaftsausschusses. Es sei wichtig, dass das Verwaltungssystem für g.A. gesichert und gestärkt werde. Die Vereinigung appellierte an das Plenum des Parlaments, sich den Empfehlungen der Agrarpolitiker anzuschließen. AgE

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