Globale Ernährungssicherheit: WTO-Chefin mahnt freien Handel an
Modernisierung des Regelwerks für den Agrarhandel ist überfällig.

Foto: pixabay
Die Bedeutung des Handels für die globale Ernährungssicherheit hat die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation (WTO), Ngozi Okonjo-Iweala, ein weiteres Mal unterstrichen. „Ein freies, faires, offenes und vorhersehbares multilaterales Handelssystem und modernisierte Handelsregeln sind entscheidend für den Aufbau eines Agrar- und Ernährungssystems, das die Weltbevölkerung heute und in Zukunft mit guten Nahrungsmitteln versorgen kann“, betonte die Nigerianerin am Montag (14.10.) beim „World Food Forum“, das die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) diese Woche in Rom ausrichtet.
Das Forum steht unter dem Motto „Gute Lebensmittel für alle, heute und morgen“. Es spiegele den Kern des FAO-Auftrags wider und bringe die Bedeutung der vier „Better“ zusammen, erläuterte FAO-Generaldirektor QU Dongyu bei der Eröffnung der Veranstaltung. Mit den vier „Better“ sind eine bessere Produktion, eine bessere Ernährung, eine bessere Umwelt und ein besseres Leben gemeint. Sie sind Teil der Strategie, die sich die FAO für die Jahre bis 2031 gegeben hat.
Okonjo-Iweala wies in ihrer Rede auch auf den Klimawandel hin. Gut die Hälfte der weltweiten Nahrungsmittelproduktion findet ihr zufolge in Gebieten statt, die von Trockenheit oder instabilen Trends bei der Wasserversorgung betroffen sind.
Zudem würden die Agrarproduktion und der Verbrauch nach wie vor durch Handelsbeschränkungen und Subventionen verzerrt, stellte die WTO-Chefin fest. In 54 von der OECD untersuchten Ländern sei die Landwirtschaft im Zeitraum 2020 bis 2022 jährlich mit insgesamt durchschnittlich 630 Mrd. $ (580 Mrd. Euro) unterstützt worden. Diese Unterstützung habe häufig umweltschädliche Auswirkungen, da sie die übermäßige Nutzung von fossilen Brennstoffen, Energie und Wasser fördere. Die FAO schätze, dass die derzeitigen Agrar- und Ernährungssysteme „versteckte“ Gesundheits-, Umwelt- und Sozialkosten von mindestens 10.000 Mrd. $ (9.200 Mrd. Euro) pro Jahr verursache, so Okonjo-Iweala.
Diversifikation verhindert Hunger
Andererseits hob die Nigerianerin hervor, dass sich der globale Agrarhandel zwischen 2000 und 2022 verfünffacht habe. Die durchschnittlichen Zölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse seien von 13% im Jahr 2005 auf nur noch 5,8% im Jahr 2022 gesunken. Dies habe dazu beigetragen, dass Lebensmittel erschwinglicher und verfügbarer geworden seien, erklärte die WTO-Generaldirektorin. Gleichzeitig seien dadurch Anreize in Exportländern geschaffen worden, die Produktion zu steigern.
Der Außenhandel habe so zur Ernährungssicherheit und Widerstandsfähigkeit beigetragen, resümierte Okonjo-Iweala und verwies auf das Beispiel Äthiopien. Als das afrikanische Land durch den Krieg in der Ukraine von seiner traditionellen Quelle für Weizen abgeschnitten worden sei, habe es sich stattdessen dank des großen und diversifizierten globalen Weizenmarktes mit Ware aus Argentinien und den Vereinigten Staaten versorgen können.
„Nicht so erfolgreich“
Neben dem Agraraußenhandel selbst haben laut der WTO-Chefin aber auch das handelsbedingte Wachstum und die so erzielten Einkommenszuwächse erheblich dazu beigetragen, den Hunger beispielsweise in Ländern wie China, Indonesien, den Philippinen, Thailand und Vietnam zu bekämpfen. „Jetzt müssen wir anderen helfen, diesen Erfolg nachhaltig zu wiederholen – auch in anderen Teilen Asiens und Afrikas“, betonte die Nigerianerin.
Die WTO-Mitglieder sind laut Okonjo-Iweala aufgerufen, Handelshemmnisse und handelsverzerrende Stützungsmaßnahmen abzubauen, um zu einem besseren Funktionieren der Agrarmärkte beizutragen und Ressourcen in Milliardenhöhe freizusetzen, die besser genutzt werden könnten. Tatsache sei jedoch, dass „wir in einer Zeit, in der eine umfassende Modernisierung des globalen Regelwerks für den Agrarhandel längst überfällig ist, bei den Verhandlungen zum Agrarhandel in der WTO nicht so erfolgreich waren“, räumte die Generaldirektorin ein. Sie versicherte zugleich, „wir werden niemals aufgeben“. Die Landwirtschaft und ein gut funktionierendes Agrarhandelssystem seien zu wichtig für die Welt. AgE