Staatliches Label kontrovers
In einem öffentlichen Fachgespräch des Bundestagsernährungsausschusses wurde die vom Bürgerrat empfohlene Einführung eines staatlichen, verpflichtenden Labels für alle Lebensmittel diskutiert. Während einige Experten den Vorschlag als Ausweg aus dem Label-Dschungel lobten, kritisierten andere den zusätzlichen bürokratischen Aufwand. Auch die Fokussierung auf Treibhausgaswerte wurde problematisiert.
Die vom Bürgerrat Ernährung empfohlene Einführung eines staatlichen, verpflichtenden Labels für alle Lebensmittel sorgt für Kontroversen. Am Montag (4.11.) wurde der Vorschlag in einem öffentlichen Fachgespräch des Ernährungsausschusses des Bundestags diskutiert. Während sich mehrere Wissenschaftler für ein solches Label aussprachen, meldeten Gastronomie und Handel erhebliche Bedenken an.
Der Bürgerrat hatte in seiner Empfehlung 2 ein staatliches, verpflichtendes Label für alle in Deutschland und der Europäischen Union verkauften Lebensmittel empfohlen. Das Label soll nach den Vorstellungen des Gremiums einfach gestaltet sein und die Bereiche Klima, Tierwohl und Gesundheit einzeln berücksichtigen. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Basis unterstrichen. Der Bereich Klima beruht, wenn es nach dem Bürgerrat geht, bei der Einführung ausschließlich auf dem Kriterium Treibhausgasemissionen. In den folgenden drei bis höchstens fünf Jahren sollen jedoch Umweltaspekte ergänzt werden. In Sachen Tierwohl soll sich das Label dem Bürgerrat zufolge anteilig am Tierwohl-Label orientieren.
Prof. Carsten Leo Demming von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg begrüßte den Vorschlag des Bürgerrats. Dass Verbraucher derzeit verunsichert seien, liege an der Vielzahl der Label. Auch Christiane Seidel vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) kritisierte den aktuellen „Label-Dschungel“.
Lena Hennes vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie erklärte, dass die Dimensionen Tierwohl und Gesundheit einfach umzusetzen seien. Bei der Dimension Klima könnten Hennes zufolge wegen der schwankenden Emissionen bei Lebensmitteln Durchschnittswerte verwendet werden. Allerdings hält sie die Fokussierung auf Treibhausgaswerte für schwierig, da beispielsweise ökologische Produkte schlechter abschneiden würden und die positiven Auswirkungen in anderen Umweltkategorien nicht dargestellt werden könnten.
Rechtliche Hürden
Der Vorschlag des Bürgerrates ziele darauf ab, drei komplexe und sehr unterschiedliche Kriterien in einem Label zu integrieren, kritisierte Manon Struck-Pacyna vom Lebensmittelverband Deutschland. Die Branchenorganisation erwartet in der Folge eine Überforderung sowohl der Verbraucher beim Verständnis als auch der Wissenschaft und Wirtschaft bei der Erarbeitung und Umsetzung. Der Verband warnt zudem vor neuen bürokratischen Hürden.
Die Empfehlung des Bürgerrats sieht vor, dass sich der Bundestag für die EU-weite verpflichtende Einführung des Labels einsetzt. In Deutschland soll es bereits freiwillig oder – sobald juristisch möglich – verpflichtend eingeführt werden. Prof. Moritz Hagenmeyer, der Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Bürgerrates ist, nannte das Vorhaben eines nationalen staatlichen Labels nicht umsetzbar. Aus europarechtlicher Sicht gebe es keine Möglichkeit, eine solche Kennzeichnung einzuführen. AgE