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Agrarökonom Balmann fordert Zeitenwende in der Agrarpolitik

17. Oktober 2023

Agrarökonom Balmann mahnt zu mehr Effizienz in der Agrarpolitik. Eine Konservierung der heutigen Agrarstruktur könne man sich angesichts der angespannten Finanzen und geopolitischen Lage nicht länger leisten.

Eine „Zeitenwende“ in der Agrarpolitik fordert der Geschäftsführende Direktor des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle, Prof. Alfons Balmann. Angesichts geringer finanzpolitischer Spielräume bei gleichzeitig wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen an die Landwirtschaft und geopolitischer Verwerfungen müsse bei agrarpolitischen Entscheidungen die Frage nach der Effizienz agrarpolitischer Maßnahmen in den Vordergrund rücken, sagte der Wissenschaftler bei der Veranstaltung „Future of Farm and Food“ gestern in Berlin. Balmann kritisierte eine auf Strukturkonservierung angelegte Agrarpolitik und sprach im Zusammenhang mit der Ausgestaltung der Agrarförderungen von „Museumsprämien“.

Effizienz und Rentabilität statt Einkommenstransfers

Nach Ansicht von Ballmann sollten Instrumente wie die Direktzahlungen, Junglandwirteförderungen und steuerliche Begünstigungen abgeschafft werden. Neben den Kosten, die durch diese Einkommenssubventionen anfallen, werde auch eine langfristige unternehmerische Entwicklung der Betriebe gehemmt. Unrentable Höfe würden sich in kleinstrukturierten Regionen gegenseitig „auf den Füßen stehen“, sagte Ballmann. Die Politik müsse daher einen ökonomischen Rahmen setzen, der statt auf Einkommenstransfers und Privilegien auf Effizienz und Rentabilität ziele. Der Agrarökonom beklagte zudem, dass Politikmaßnahmen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit oft in einem „Entweder-Oder“ Modus gedacht würden. Dabei böten insbesondere technologische Lösungen im Bereich der Digitalisierung oder moderne Züchtungsmethoden Ansätze, bei denen auf nachhaltige Weise der Ertrag und die Profitabilität gesteigert werden könnten.

Allzu romantisches Bild

Laut der Geschäftsführerin von Bayer CropScience Deutschland, Karin Guendel Gonzalez, erschwert in Deutschland „ein allzu romantisches Bild der Landwirtschaft“ oft eine sachliche Debatte über die Zukunft des Sektors. In Europa werde insbesondere im internationalen Vergleich in der öffentlichen Debatte ein besonderer Wert auf ökologische Nachhaltigkeit gelegt. Für Bayer sei allerdings auch die unternehmerische Planungssicherheit von enormer Bedeutung. „Vertrauen auf wissenschaftsbasierte Zulassungsverfahren ist eine Voraussetzung für Investitionsentscheidungen“, sagte Guendel Gonzalez zur Diskussion um die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat.

Kleine Strukturen erhalten

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Schätzl betonte, dass für eine vielfältige Agrarstruktur auch kleine und mittlere Agrarbetriebe erhalten bleiben müssten. Seiner Auffassung nach spielt dabei die Digitalisierung eine Schlüsselrolle. Man müsse über Investitionsförderungen sicherstellen, dass auch Betriebe mit wenig Kapital am technologischen Fortschritt teilhaben könnten. Nach Ansicht der Vorsitzenden vom Bund der Deutschen Landjugend (BDL), Theresa Schmidt, sind lokale Betriebe zudem für eine regionale Lebensmittelversorgung wichtig. AgE

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