Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Klimaziele: Starke Veränderungen in der Landwirtschaft zu erwarten

11. Oktober 2023

Ausbau des Ökolandbaus auf 30 Prozent bis 2030 eine „geeignete Strategie“ – Weitere Reduzierung der Stickstoffdüngung notwendig – Viehbestand muss stärker abgebaut werden – Studienautoren machen „besonderen Handlungsbedarf“ seitens der Politik aus – Den Moorbodenschutz verbessern

Auf die Landwirte in Baden-Württemberg dürften auf dem Weg zur Klimaneutralität deutliche Veränderungen zukommen. Ziel der Stuttgarter Landesregierung ist es bekanntlich, bis 2040 netto die Treibhausgas-(THG)-Neutralität zu erreichen. Bereits bis 2030 sollen die THG-Emissionen um 65 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 gemindert werden. Um die Klimaziele zu erreichen, hält das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in seinem jetzt vorgelegten „Endbericht Sektorziele 2030 und klimaneutrales Baden-Württemberg 2040“ für den Bereich Landwirtschaft den Ausbau des Ökolandbaus auf 30 % bis 2030 für eine „geeignete Strategie“. Danach müsste ein konstanter Anstieg des Ökoanteils erfolgen. Der Verzicht auf synthetische Stickstoffdünger führe zu einer Reduktion der Lachgasemissionen. Konkret halten die Autoren der Studie eine Einschränkung der Stickstoffdüngung bis 2030 um etwa 27 %, nämlich von 210 000 t auf 153 000 t gegenüber dem aktuellen Stand für erforderlich. Weiter sinken muss aus ihrer Sicht auch der Viehbestand, und zwar gegenüber 2019 um 20 % bis 2030. Dazu braucht es der Studie unter Leitung des ZSW zufolge insbesondere Vorgaben für eine „starke“ Verringerung der Rindfleisch- und Milchproduktion.

Rinderfütterung mehr grünlandbasiert

Die Rinderfütterung habe zudem stärker grünlandbasiert zu erfolgen als heute. Insgesamt würde aufgrund der verringerten Tierhaltung weniger Wirtschaftsdünger anfallen. Von diesem würde aber ein größerer Anteil in Biogasanlagen vergoren, heißt es in der Studie. Der entsprechende Anteil würde demnach je nach Tierart von derzeit etwa 11 % bis 21 % auf 40 % bis 70 % im Jahr 2030 steigen. Laut dem Statistischen Landesamt belief sich die Anzahl der Rinder und Schweine im Südwesten im Jahr 2020 auf insgesamt etwa 929 000 beziehungsweise 1,670 Millionen Tiere.

Milch- und Fleischkonsum bisher nicht adressiert

Einen „besonderen Handlungsbedarf“ sehen die Autoren auch mit Blick auf die Politik. Sie weisen darauf hin, dass die Ausrichtung des Agrarsektors stark vom Konsumverhalten abhänge. Bislang seien im Klima-Maßnahmen-Register (KMR) die Schritte für die Verbraucherseite aber nur angedeutet worden. Insbesondere der Milch- und Fleischkonsum sei nicht adressiert worden. Zu fördern ist den Autoren zufolge eine klimaschonende Ernährung. Als übergreifende Strategie werden die Stärkung des Ökolandbaus und die Unterstützung innovativer landwirtschaftlicher Ansätze angemahnt.

Zielkonflikt von PV und Flächenverlust klären

Darüber hinaus sehen die Studienautoren im Sektor „Landnutzung⁠, ⁠Landnutzungsänderung⁠ und Forstwirtschaft (⁠LULUCF⁠)“ den Moorbodenschutz als wichtig für die Zielerreichung an. Sie raten der Landesregierung dazu, zeitnah eine zusammenhängende Flächenkulisse festzulegen, die wiedervernässt werden kann. Das Moorschutzprogramm des Landes könnte fortgeschrieben werden. Gleichfalls sollten Anreizsysteme zum Moorbodenschutz verbessert sowie Bestrafungs- und Sanktionssysteme auf ihre Eignung geprüft werden. Agroforstsysteme sollten bis 2030 um 4 000 ha und bis 2040 um 7 000 ha zunehmen. Als „sehr ambitioniert“ ordnen die Autoren das Ziel Baden-Württembergs ein, die Netto-Flächenneuinanspruchnahme bis 2035 auf null zu senken. Sie sehen darin einen Zielkonflikt mit der Anlage von Photovoltaik-(PV)-Freiflächenanlagen, da diese als Siedlungsfläche gelten. Dieser Zielkonflikt müsse „zeitnah“ geklärt werden. AgE

 

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