Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Branchenlösungen statt Regulierung

25. März 2024

MIV und DBV wehren sich gegen zunehmende staatliche Eingriffe.

In großen Teilen der Milchwirtschaft ist deutlicher Unmut über die Ampelregierung zu spüren. In der Kritik stand beim 14. Berliner Milchforum unter anderem der vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplante Eingriff in die Milchlieferbeziehungen durch Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation der EU (GMO). Aber auch mögliche gesetzliche Verschärfungen für die Weidemilcherzeugung oder die Bürokratiefolgen der europäischen Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) lösten Sorgen und Missmut aus. „Wir wünschen uns, dass die Politik einfach Regelungen findet, die die Unternehmen nicht überfordern“, betonte der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Peter Stahl, am Freitag (22.3.) gegenüber der Presse in Berlin. Vor Gesetzen müsse es eine Folgeabschätzung geben, um mögliche Verwerfungen und hohe Kosten nach deren Einführung zu vermeiden. Der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, mahnte einmal mehr Planungssicherheit für die Erzeuger an. „Ich mache mir Sorgen um die Tierhaltung in Deutschland“, äußerte er mit Blick auf die wachsenden Auflagen, Betriebsaufgaben sowie die fehlenden Hofnachfolger.

Branche längst auf dem Weg

Stahl und Schmal waren sich einig, dass die Anwendung von Artikel 148 bei den Milchlieferverträgen nicht förderlich und nötig ist. „Das brauchen wir mit Sicherheit nicht; da kann die Branche selbst viel mehr“, erklärte der DBV-Vizepräsident. Er verwies darauf, dass bereits Lieferbeziehungen verändert, Kündigungsfristen verkürzt sowie Festpreismodelle eingeführt worden seien. „Immer wenn die Politik in den Milchmarkt eingegriffen hat, ist es in die Hose gegangen“, so Schmal. Er erwarte vielmehr, dass sich die Politik zur Landwirtschaft und Tierhaltung bekenne und Unsicherheiten beseitige. Notwendig dafür sei eine langfristige Perspektive für den Umbau der Nutztierhaltung und ein Finanzierungskonzept, das immer noch fehle. Eine Folge davon sei, dass es 2024 erstmals weniger als 50.000 Milchviehhalter geben werde. Beim Tierwohl und Klimaschutz hat sich laut Schmal die Milchbranche längst selbst auf den Weg gemacht, beispielsweise mit der Sektorstrategie 2023 oder dem QM-Nachhaltigkeitsmodul.

Zweifelhafte DGE-Empfehlungen

Deutliche Kritik übte Stahl an den Plänen des Berliner Agrarressorts, das Thema Weidemilch gesetzlich zu regeln und nicht auf die praxisbewährte Branchenlösung zu setzen. Diese sieht vor, dass Rinder an wenigstens 120 Tagen für mindestens sechs Stunden auf der Weide sind. Das Ministerium wolle nun unter anderem Mindestfutterflächen und vermehrte Kontrollen. „Das ist unnötiger bürokratischer Aufwand und geht an der Realität vorbei“, monierte Stahl. Verschärfte Regeln könnten dazu führen, dass Milchbauern aus der Weidehaltung ausstiegen und das Gegenteil der gewünschten Entwicklung bewirkt werde. Nicht einverstanden zeigte sich Stahl zudem mit den jüngsten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die einen verringerten Verzehr von Milchprodukten beinhalten. Er verwies auf die vielen kritischen Stellungnahmen, die inzwischen erfolgt seien. „Solch pauschale Empfehlungen machen keinen Sinn“, kritisierte der MIV-Vorsitzende. Die Nährstoffbedürfnisse der verschiedenen Bevölkerungsgruppen seien unterschiedlich, weshalb Präventionsmediziner sogar vor einer Mangelernährung bei bestimmten Personenkreisen gewarnt hätten. AgE

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