Seit 1879 Lebensmittelindustrie und Milchwirtschaft

Nick fordert nachhaltige Ernährungssysteme

8. September 2022

Die Parlamentarische Staatssekretärin mahnt einen kritischen Umgang mit der Art und Weise der Lebensmittelherstellung an – Lebensgrundlagen nicht überstrapazieren – Eiden: Die Digitalisierung verändert das Essen – DGE-Präsident Linseisen mahnt eine aktive Mitgestaltung der künftigen Ernährungsweise an – Bonner Ernährungstage

Foto: Pixabay

Die Parlamentarische Staatssekretärin vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Ophelia Nick, hat die Notwendigkeit nachhaltiger Ernährungssysteme unterstrichen. „Wir müssen die Art, wie wir Lebensmittel herstellen, wie wir mit ihnen umgehen, wie wir sie nutzen und leider auch verschwenden kritisch, hinterfragen und ändern“, forderte die Grünen-Politikerin am vergangenen Donnerstag (1.9.) auf dem sechsten Bonner Forum des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) im Rahmen der Bonner Ernährungstage. Sie verwies hierzu auf die aktuelle Zeit mit vielfachen Krisen mit der Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, die Erderhitzung, den dramatischen Verlust der Artenvielfalt und der Biodiversität, beängstigend tiefe Flusspegel und weltweit verheerende Waldbrände. Jede dieser Krisen sei zugleich mit der Ernährung und der Frage verbunden, wie die Menschheit heute und in Zukunft ernährt werden könne. Das funktioniere nur im Einklang mit den natürlichen Lebensgrundlagen wie Boden, Wasser, Luft und Artenvielfalt. Kritisch überprüft und hinterfragt werden müsse zudem die Ernährungsweise, mahnte die Bündnisgrüne. Diese müsse so gestaltet werden, dass die Lebensgrundlagen nicht überstrapaziert würden. Dazu sei eine politische Unterstützung erforderlich. Aus Sicht von Nick kann dabei die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag leisten; sie sei aus diesem Prozess nicht mehr wegzudenken. Beispielsweise könnten soziale Medien dabei helfen, übrig gebliebene Lebensmittel zu verteilen. In der Landwirtschaft könnten neue Technologien bei der effizienten Nutzung und Einsparung wertvoller Ressourcen helfen. „Landwirtschaft ist da wirklich nicht von gestern“, stellte die Staatssekretärin fest.

Mehr Mitgestaltung

Der Präsident der Bundesanstalt für Ernährung (BLE), Dr. Hanns-Christoph Eiden, hob hervor, dass die Digitalisierung das Essen mehr als deutlich verändere. Als Beispiel nannte er die Art und Weise, wie sich die Menschen über dieses Thema informierten. Mittlerweile sei eine ganz andere Durchdringung des Alltags erreicht worden. Dadurch werde es schwieriger, Zusammenhänge zu durchschauen. Eiden verwies hierzu auf die sich daraus ergebenden vielfältigen Chancen, etwa wenn die Konsumenten sich stärker vernetzen und austauschen könnten. Die Leiterin des Bundeszentrums für Ernährung (BZfE) in der BLE, Dr. Margareta Büning-Fesel, ergänzte, dass es zur Nutzung dieser vielfältigen digitalen Möglichkeiten erforderlich sei, diese zu kennen, etwa Roboter als Erntehelfer, vernetzte Küchengeräte oder digitale Speisekarten in Kantinen. Nach ihrer Einschätzung wird dieses Thema in der Gesellschaft viel zu wenig thematisiert. Ziel sei es daher, mit dem BZfE-Forum einen Fokus auf diese Diskussion zu legen. Ziel der Fachleute müsse es sein, diese Welt mitzugestalten.

Dringend neue Wege erforderlich

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), Prof. Jakob Linseisen, sprach sich ebenfalls für die Mitgestaltung mit klugen Konzepten und für eine praktikable und effiziente Umsetzung digitaler Mittel auch für andere Bereiche der Ernährung aus. „Wenn wir das nicht aktiv mitgestalten, wird das ohne Ernährungsfachkräfte und ohne Ernährungswissenschaftler erfolgen. Das ist sicherlich keine gute Option“, erklärte Linseisen und forderte dringend neue Wege, um einen Effekt für die Gesundheit und Nachhaltigkeit jedes Einzelnen und der gesamten Gesellschaft hervorzubringen. Der Wissenschaftler verwies auf zahlreiche Herausforderungen wie Klimawandel, Inflation, Ernährungsunsicherheit, aber auch die Adipositas- und die Diabeteswelle. Um dies zu bewältigen, sei es an der Zeit, clevere Konzepte auszubauen; dies müsse auf einer soliden Datenbasis erfolgen. Außerdem müssten eine gezielte Vernetzung und die passende Kommunikation entwickelt werden, die nicht nur in der Fachwelt verstanden werde, sondern auch die spezifischen Zielgruppen einbinde. In der Digitalisierung sieht der DGE-Präsident dabei eine große Chance. Die große Frage ist für Linseisen, ob es erreicht wird, Digitalisierung, Datenauswertung und Algorithmen so zu nutzen, dass sie den Weg zu einer gesundheitsförderlicheren und nachhaltigeren Ernährungs- und Verhaltensweise voranbringen. Dabei müsse verantwortungsvoll mit den Daten umgegangen werden.

Eine Frage des sozioökonomischen Hintergrunds

Im Hinblick auf die derzeit in Erarbeitung befindliche Ernährungsstrategie der Bundesregierung unterstrich Nick das Ziel, zu einer gesünderen Ernährung der Verbraucher beizutragen. Mit dieser Strategie solle positiv auf die Ernährungsumgebung und -muster der Bürger eingewirkt werden. Der Anspruch dabei müsse sein, allen eine gesündere und nachhaltigere Ernährung zu erleichtern. „Davon sind wir noch weit entfernt“, so Nick. Ernährung sei leider immer noch eine Frage des sozioökonomischen Hintergrunds. Die Staatssekretärin räumte ein, dass die Ziele ambitioniert seien. Sie rief Wirtschaft, Verbände, Institutionen und Vereine auf, sich in den partizipativen Prozess zur Erarbeitung der Ernährungsstrategie einzubringen. AgE

Beitrag teilen: |

Partner

Newsletter

Abonnieren Sie unsere Newsletter und bleiben Sie immer auf dem Laufenden, bei den Themen, die Sie interessieren!

Zur Anmeldung: